Zum Inhalt springen
Datensparsamkeit
16 Februar 2015

Von der Tugend der Datensparsamkeit

Im deutschen Datenschutzrecht ist festgelegt, dass es “an dem Ziel auszurichten [ist], so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen” (§ 3a S. 1 BDSG). Dieser rechtliche Programmsatz ist Ausfluss des Grundsatzes der Datensparsamkeit.

Die Vorschrift bezweckt, dass nur die für die jeweilige Aufgabe nötigsten personenbezogenen Daten verarbeitet werden dürfen. Zum Telos der Norm gehört auch, Gefahren eines Missbrauchs von Daten dadurch zu begegnen, dass präventiv auf Datenvermeidung gesetzt wird. Dieses Gebot der Datenminimierung fand auch Niederschlag in der geplanten europäischen Datenschutz-Grundverordnung.1

Ist dieses Prinzip im Allgemeinen noch sinnvoll? Ja und nein. Denn es kann natürlich zum einen vor den Gefahren durch informationellen Machtmissbrauch schützen. Zum anderen kann es mit der Big Data-Brille betrachtet auch schädlich sein, mit Daten sparsam zu sein. Daten sind ein wichtiger Rohstoff für Fortschritt in der Informations- und Wissensgesellschaft. Big Data lebt gerade davon, dass nicht mit den Daten gespart wird. Je größer die Menge der Daten, desto größer das Analysepotential.

Eine neue Regulierung muss vielmehr ansetzen beim Schutz vor dem Missbrauch von Daten. Diskutiert werden müssen etwa Fragen, wie sich Daten besser pseudonymisieren lassen, wie vor Diskriminierung auf Grundlage von Daten geschützt werden kann und wie damit umzugehen ist, wenn Daten zweckwidrig verwendet werden.

Zwar bedeutet die Datenflut nicht immer ein Mehr an Wissen. Vielmehr bedingt ein Mehr an Wissen gleichzeitig ein Mehr an Nichtwissen und Ungewissheit. Der Umgang mit Daten in der digitalen Gesellschaft sollte aber nicht auf dem Grundgedanken von Datensparsamkeit beruhen. Wichtiger ist es in einer digitalen Gesellschaft, bei der Komplexität des Menschen mit seinen Motiven und seinem Kontext anzusetzen.

Big data calls for big judgement, not for Datensparsamkeit.


1 Entwurf eines Berichts über dem Vorschlag für eine Datenschutz-Grundverordnung, Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, 2012/0011 (COD) v. 17.12.2012, Änderungsantrag 93, Seite 73.

Foto: data.path von r2hox, CC BY-SA 2.0

Dieser Beitrag spiegelt die Meinung der Autorinnen und Autoren und weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wider. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de

Hannfried Leisterer, Dr.

Former associate doctoral Researcher: Global Constitutionalism and the Internet

Auf dem Laufenden bleiben

HIIG-Newsletter-Header

Jetzt anmelden und  die neuesten Blogartikel einmal im Monat per Newsletter erhalten.

Forschungsthema im Fokus Entdecken

Plattform Governance

In unserer Forschung zur Plattform Governance untersuchen wir, wie unternehmerische Ziele und gesellschaftliche Werte auf Online-Plattformen miteinander in Einklang gebracht werden können.

Weitere Artikel

Drei Gruppen von Menschen haben Formen über sich, die zwischen ihnen und in Richtung eines Papiers hin und her reisen. Die Seite ist ein einfaches Rechteck mit geraden Linien, die Daten darstellen. Die Formen, die auf die Seite zusteuern, sind unregelmäßig und verlaufen in gewundenen Bändern.

Beschäftigte durch Daten stärken

Arbeitsplätze werden zunehmend datafiziert. Doch wie können Beschäftigte und Gewerkschaften diese Daten nutzen, um ihre Rechte zu vertreten?

Eine stilisierte Illustration mit einem großen „X“ in einer minimalistischen Schriftart, mit einem trockenen Zweig und verblichenen Blättern auf der einen Seite und einem leuchtend blauen Vogel im Flug auf der anderen Seite. Das Bild symbolisiert einen Übergangsprozess, wobei der Vogel das frühere Twitter-Logo darstellt und das „X“ das Rebranding der Plattform und Änderungen im Regelwerk von X symbolisiert.

Zwei Jahre nach der Übernahme: Vier zentrale Änderungen im Regelwerk von X unter Musk

Der Artikel beschreibt vier zentrale Änderungen im Regelwerk der Plattform X seit Musks Übernahme 2022 und deren Einfluss auf die Moderation von Inhalten.

Das Bild zeigt einen Traktor von oben, der ein Feld bestellt. Eine Seite des Feldes ist grün bewachsen, die andere trocken und erdig. Das soll zeigen, dass nachhaltige KI zwar im Kampf gegen den Klimawandel nützlich sein, selbst aber auch hohe Kosten für die Umwelt verursacht.

Zwischen Vision und Realität: Diskurse über nachhaltige KI in Deutschland

Der Artikel untersucht die Rolle von KI im Klimawandel. In Deutschland wächst die Besorgnis über ihre ökologischen Auswirkungen. Kann KI wirklich helfen?