Zum Inhalt springen
Ein gelbes Warnschild mit einem stilisierten Hai und der Aufschrift „Shark Crossing“ steht einsam in einer trockenen, steinigen Wüstenlandschaft – weit und breit kein Wasser in Sicht. Die absurde Platzierung des Schildes verweist auf eine offensichtlich fiktive Gefahr und kann als prägnante Metapher für übertriebene, fehlplatzierte oder irreführende Risikonarrative verstanden werden – wie sie auch im Diskurs um Datenschutz, Überwachung und digitale Datenverarbeitung auftreten.
23 April 2025

Call for Contributions: Risikonarrative im Feld Privacy, Surveillance und Datenschutz

Das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) und das nexus Institut für Interdisziplinäre Forschung und Kooperationsmanagement laden herzlich zu einer interdisziplinären Tagung am 9. und 10. Oktober 2025 in Berlin ein. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Risiken im Kontext moderner Datenverarbeitung erzählt, erklärt und vermittelt werden – und welche Auswirkungen diese Narrative auf Individuen und Gesellschaft haben. Eingeladen sind wissenschaftliche, künstlerisch-gestalterische, pädagogische oder praxisbezogene Beiträge. Einreichungen sind bis zum 16. Juni 2025 möglich.

Interdisziplinäre Tagung „Risikonarrative im Feld Privacy, Surveillance und Datenschutz“

Do. 9. & Fr. 10. Oktober 2025

Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft
Französische Str. 9
10117 Berlin

Die Verarbeitung personenbezogener Daten in digitalen Systemen ist allgegenwärtig – und bleibt dabei häufig intransparent. Komplexe Akteurskonstellationen – etwa aus unterschiedlichen Unternehmen, die Inhalte bereitstellen, Produkte bewerben oder Werbeplätze vermitteln –, hochentwickelte technische Infrastrukturen und umfassende Personalisierung erschweren es Nutzer:innen und Betroffenen, Datenverarbeitung nicht nur zu verstehen, sondern auch ihre Auswirkungen auf individuelle und kollektive Grundrechte und -freiheiten und gesellschaftliche Strukturen angemessen einzuschätzen.

In Forschung und Praxis wurden bereits vielfältige Wege ausgelotet, wie Wissen über Datenverarbeitung besser vermittelt werden kann: von verständlicheren Texten über grafische Darstellungen bis hin zu interaktiven Formaten. Dennoch bleiben zwei zentrale Fragen oft unbeantwortet: Wie können Menschen nicht nur Datenverarbeitung besser verstehen, sondern auch Folgen und Risiken daraus ableiten? Und wie können Menschen wirklich dazu befähigt werden, Risiken nicht nur zu erkennen, sondern auch zu bewerten – und entsprechend zu handeln?

Viele existierende Narrative im Bereich Privacy, Überwachung und Datenschutz greifen hier zu kurz. Sie individualisieren Verantwortung und reproduzieren damit neoliberale Responsibilisierungsstrategien. Es wird häufig den Nutzer:innen aufgebürdet, durch „Data Literacy“, technische Selbstschutzmaßnahmen oder informierte Entscheidungen Risiken abzuwehren, deren Tragweite sie weder überblicken noch beeinflussen können. Solche Narrative verschleiern nicht nur die eigentlichen Machtverhältnisse, sie vermitteln auch Scheinlösungen und verleiten zu Placebo-Maßnahmen, mit denen die Betroffenen gar keinen Einfluss auf die entstehenden Risiken nehmen können.

Diese Tagung nimmt Risikonarrative in den Fokus: Wie wird über Risiken im Feld der Datenverarbeitung gesprochen, geschrieben, visualisiert – und welche Folgen haben diese Erzählungen, auf die Betroffenen ebenso wie auf die gesellschaftliche Debatte? Welche Narrative sind dominant, welche fehlen, welche könnten alternative Perspektiven eröffnen? Wie kann über Risiken im Zusammenhang mit Datenverarbeitung so kommuniziert werden, dass sie nicht nur verstanden werden können, sondern auch konkrete Handlungsfähigkeit erzeugen – und gesellschaftlich und politisch adressiert werden können?

Wir laden Beiträge ein, die sich mit diesen Fragen kritisch auseinandersetzen – aus geistes-, kultur-, sozial-, erziehungs-, rechts-, medien- oder technikwissenschaftlicher Perspektive ebenso wie künstlerisch-gestalterische, pädagogische oder praxisbezogene Ansätze.

Mögliche Themen- und Handlungsfelder:

  • Kritische Analyse bestehender Risikonarrative im Bereich Privacy, Surveillance und Datenschutz
  • Falsche Metaphern und ihre Folgen (z. B. „Daten schützen“ vs. „Grundrechte schützen“)
  • Analogien als Quellen für die Erstellung von Risikonarrativen
  • Anforderungen an die Rechtfertigung didaktischer Transformationen und Reduktionen
  • Narrative Verantwortung: Wer erzählt Risiken – und für wen?
  • Narrative als Mittel der Macht – und als Mittel der Aufklärung
  • Narrative als Teil politischer, regulatorischer oder aktivistischer Strategien
  • Verschränkung von sozio-technischer Komplexität und öffentlicher Kommunikation
  • Potenziale interdisziplinärer Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Narrative
  • Experimentelle Ansätze zur kollaborativen Entwicklung nutzer:innenzentrierter Risikonarrative und/oder ihrer gestalterischen Umsetzung
  • Design und Gestaltung alternativer Risikonarrative (z. B. durch visuelle Kommunikation, Storytelling, partizipative Formate)

Einreichungsschluss: 16.06.2025

Rückmeldungen zu Einreichungen: 07.07.2025

Format

Wir begrüßen sowohl klassische Vorträge (15 Minuten + Diskussion) als auch experimentelle Formate, Workshops oder Hands-On-Sessions (90 Minuten).

Die Beiträge sollen im Anschluss an die Tagung in einem peer-reviewten Tagungsband entweder als Short Paper (4–6 Seiten / max. 6.000 Wörter) oder Long Paper (8–12 Seiten / max. 12.000 Wörter), jeweils inkl. Tabellen und Abbildungen, exkl. Literaturverzeichnis, veröffentlicht werden.

Bitte reichen Sie Ihren Abstract mit einer kurzen (max. 500 Wörter) Zusammenfassung des Papers oder ihrer interaktiven Session (Workshops, experimentelle Formate, Hands-On-Sessions etc.) als PDF und eine kurze biographische Notiz bis zum 16.06.2025 über das untenstehende Formular ein.

Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!

Organisatoren

im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts SID – Sicher im Datenverkehr:

  • Jörg Pohle, Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin
  • Daniel Guagnin, nexus Institut für Interdisziplinäre Forschung und Kooperationsmanagement, Berlin

Programmkomitee

  • Andrea Knaut
  • Carsten Ochs
  • Kirsten Bock
  • Ina Schiering
  • Felix Bieker

Formular

Jörg Pohle, Dr.

Forschungsprogrammleiter: Daten, Akteure, Infrastrukturen

Auf dem Laufenden bleiben

HIIG-Newsletter-Header

Jetzt anmelden und die neuesten Blogartikel einmal im Monat per Newsletter erhalten.

Aktuelle HIIG-Aktivitäten entdecken

Forschungsthemen im Fokus

Das HIIG beschäftigt sich mit spannenden Themen. Erfahren Sie mehr über unsere interdisziplinäre Pionierarbeit im öffentlichen Diskurs.