Zum Inhalt springen
startup-593341_1920
02 Februar 2016

Die Balance zwischen Produktentwicklung, Wachstum und Mitarbeitermotivation in Startups

Mitarbeiter als wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen

Mitarbeiter und ihre Zufriedenheit beeinflussen die Produktivität und Innovationsfähigkeit eines Unternehmens maßgeblich (vgl. Judge et al. 2001; Wright/Bonett 2007; Page/Vella-Brodrick 2009). Somit besteht für Gründer und Geschäftsführer eine große Herausforderung darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Mitarbeiter motivieren, fördern und langfristig an ein Unternehmen binden. Durch die üblicherweise geringere Entlohnung im Vergleich zu etablierten Unternehmen und die erhöhte Arbeitsplatzunsicherheit ist diese Herausforderung für Jungunternehmen besonders ausgeprägt.

Fehlende Mitarbeitermotivation und ihr volkswirtschaftlicher Schaden

Im internationalen Vergleich weisen deutsche Arbeitnehmer eine besonders geringe – und zunehmend sinkende – Arbeitszufriedenheit auf (vgl. Bohulskyy et al. (2011). Laut der jährlichen Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts GALLUP (Engagement Index Deutschland) haben lediglich 15 Prozent der Beschäftigten in Deutschland eine hohe emotionale Bindung an Ihren Arbeitsplatz. 70 Prozent machen „Dienst nach Vorschrift“ und weisen nur eine geringe emotionale Bindung auf. Die übrigen 15 Prozent der Mitarbeiter haben bereits innerlich gekündigt. Der volkswirtschaftliche Schaden dafür beläuft sich nach Hochrechnungen von Nink (2015) auf bis zu 95 Mrd. EUR. Ursachen dafür sind u.a. Kosten für hohe Fluktuationsraten, negative Gesundheitseffekte bei den Mitarbeitern und schlechte Arbeitsergebnisse (vgl. Böckermann/Ilmakunnas (2009); Fischer/Sousa-Poza (2006).

Startups als besondere Form von Jungunternehmen

Startups, die durch die folgenden drei Merkmale definiert sind (Ripsas/Tröger 2015, S. 12):

  • Startups sind jünger als 10 Jahre.
  • Startups sind mit ihrer Technologie und/oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ.
  • Startups haben (streben) ein signifikantes Mitarbeiter und/oder Umsatzwachstum anstreben (an).

stellen eine besondere Form von Jungunternehmen dar, unterscheiden sich wesentlich vom allgemeinen Gründungsgeschehen (bspw. durch die Teamgröße, Innovationskraft, Anzahl der Mitarbeiter, Quelle und Höhe der Finanzierungen; (vgl. Ripas/Tröger 2015, S.11f.; 2014) und gelten nicht zuletzt als Jobmotoren – im Durchschnitt beschäftigen sie 15,2 Mitarbeiter (ohne die Gründer selbst; vgl. Ripsas/Tröger 2015, S. 35ff.).

Startup Strategien und die fehlende Fokussierung auf innerbetriebliche Strategien

Aufbauend zu den o.g. Ergebnissen zur Mitarbeitermotivation, deren Einfluss auf den Unternehmenserfolg, wurde die These aufgestellt, dass es, zumindest verglichen mit anderen Strategien, eine starke Fokussierung von Gründern auf die innerbetrieblichen Themen: Mitarbeitermotivation, Unternehmenskultur und  Organisationsentwicklung geben sollte.

Daher wurde in Ergänzung zum Deutschen Startup Monitor 2015 (bis heute unveröffentlichtes Datenmaterial) der Frage nachgegangen:

„Welche Unternehmensstrategien sind für dein Startup aktuell wichtig?“

Im Ergebnis stellt sich heraus, dass die Produktentwicklung mit einem Mittelwert () von 2,04 aktuell die höchste Strategiepriorität vorweist, gefolgt von der Profitabilität (= 2,40) und schnellem Wachstum (= 2,41). Die im Vergleich niedrigsten strategischen Prioritäten, die jedoch wie o.g. die Treiber für Produktivität- und Innovationsgeschwindigkeit sind, weisen die innerbetrieblichen Themen: Organisationsentwicklung (= 2,5), Stärkung der Mitarbeitermotivation & Förderung (= 2,98) sowie die Stärkung der Unternehmenskultur (= 3,00) auf (siehe Abb. 1).

Abb. 1:   Aktuelle Prioritäten von Strategien bei Startups (2015) Eigene Darstellung; Frage: Welche Unternehmensstrategien sind für dein Startup aktuell wichtig?

Abb. 1: Aktuelle Prioritäten von Strategien bei Startups (2015)
Eigene Darstellung; Frage: Welche Unternehmensstrategien sind für dein Startup aktuell wichtig?

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich nicht nur die Wissenschaft zu wenig mit dem Phänomen der innerbetrieblichen Unternehmensentwicklung und Professionalisierung von Startups auseinandersetzt (dazu u.a. Saßmannshausen/Volksmann 2012, S. 169; Fischer/Reuber 2003, S. 348), sondern dass auch Gründer und Geschäftsführer von Startups möglicherweise das Potenzial, welches eine stärkere Fokussierung der Themen Organisationsentwicklung, Mitarbeitermotivation und Förderung, sowie Stärkung der Unternehmenskultur, mit sich bringen könnten, verkennen.

Weitere Ergebnisse zur jährlich durchgeführten Startup-Studie gibt es hier.

Dieser Beitrag ist Teil der regelmäßig erscheinenden Blogartikel der Doktoranden des Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Er spiegelt weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wieder. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de.


Quellen:

  • Böckmann, P. / Ilmakunnas, P. (2009): Job Disamenities, Job Satisfactions, Quit Intentions, an Actual Separations: Putting the Pieces Together, Abrufbar unter: http://www.petribockerman.fi/ bockerman%26ilmakunnas_job_2009.pdf, Zuletzt abgerufen am: 01.04.2014.
  • Bohulskyy, Y./ Erlinghagen, M- / Schneller, F. (2011): IAQ-Report: Arbeitszufriedenheit in Deutschland sinkt langfristig, Institut Arbeit und Qualifikation, Abrufbar unter: http://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2011/report2011-03.pdf, Zuletzt abgerufen am: 01.04.2014.
  • Fischer, J. A. V. / Sousa-Poza, A. (2006): Does Job Satisfaction Improve Health? New Evidence using Panel Data and Objective Measures of Health, Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitsrecht, Universität St. Gallen, Diskussionspapiere, Nr. 110.
  • Fischer, E. / Reuber, A. R. (2003):Support for Rapid-Growth firms: A Comparison oft he Views of Founders, Government Policymakers, and Private Sector Resource Providers, Journal of Small Business Management 2003 41(4), S. 346-365.
  • Judge, T. A. / Thoresen, C. J. / Bono, J. E. / Patton, K. G. (2001): The Job Satisfaction – Job Performance Relationship: a Qualitative and Quantitative Review, Psychologgical Bulletin 127, Nr. 3. S.376-407. Abrufbar unter: http://fagbokforlaget.no/boker/downloadpsykorg/KAP8/artikler/ Jobbtilfredshet.pdf, Zuletzt abgerufen am: 01.04.2014.
  • Nink, M. (2015): Engagement Index Deutschland 2014, Gallup, Abrufbar unter: http://www.gallup.com/de-de/181871/engagement-index-deutschland.aspx, Zuletzt abgerufen am: 01.05.2015
  • Page, K. M. / Vella-Brodrick, D. A. (2009): The What, Why and How of Employee Well Being: A new Model, In Social Indicators Research, Nr. 90, S. 441-458.
  • Ripsas, S. / Tröger S. (2014): Deutscher Startup Monitor 2014, KPMG in Deutschland, Berlin.
  • Ripsas, S. / Tröger S. (2015): Deutscher Startup Monitor 2015, KPMG in Deutschland, Berlin.
  • Saßmannshausen, S. P. / Volkmann, C. (2012): „Gazellen“- schnell wachsende Jungunternehmen: Definitionen, Forschungsrichtungen und Implikationen, ZfKE 60. Jahrgang, Heft 2 (2012), S. 163-177, Duncker & Humbolt, Berlin.
  • Wright, T. A. / Bonett, D. G. (2007): Job Satisfaction and Psychological Well Being as Nonadditive Predictors of Workplace Turnover, in: Journal of Management, Nr. 33, S. 141-160.

Dieser Beitrag spiegelt die Meinung der Autorinnen und Autoren und weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wider. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de

Steffen Tröger

Ehem. Assoziierter Doktorand: Internetbasierte Innovation

Auf dem Laufenden bleiben

HIIG-Newsletter-Header

Jetzt anmelden und  die neuesten Blogartikel einmal im Monat per Newsletter erhalten.

Forschungsthema im Fokus Entdecken

Man sieht einen leeren Büroraum ohne Möbel und braunen Teppichboden. Das Bild steht sinnbildlich für die Frage, wie die Arbeit der Zukunft und digitales Organisieren und Zukunft unseren Arbeitsplatz beeinflusst. You see an empty office room without furniture and brown carpeting. The image is emblematic of the question of how the work of the future and digital organising and the future will influence our workplace.

Digitale Zukunft der Arbeitswelt

Wie werden KI und Digitalisierung die Zukunft der Arbeit verändern? Wir erforschen ihre Auswirkungen sowie die Chancen und Risiken.

Weitere Artikel

Drei Gruppen von Menschen haben Formen über sich, die zwischen ihnen und in Richtung eines Papiers hin und her reisen. Die Seite ist ein einfaches Rechteck mit geraden Linien, die Daten darstellen. Die Formen, die auf die Seite zusteuern, sind unregelmäßig und verlaufen in gewundenen Bändern.

Beschäftigte durch Daten stärken

Arbeitsplätze werden zunehmend datafiziert. Doch wie können Beschäftigte und Gewerkschaften diese Daten nutzen, um ihre Rechte zu vertreten?

Eine stilisierte Illustration mit einem großen „X“ in einer minimalistischen Schriftart, mit einem trockenen Zweig und verblichenen Blättern auf der einen Seite und einem leuchtend blauen Vogel im Flug auf der anderen Seite. Das Bild symbolisiert einen Übergangsprozess, wobei der Vogel das frühere Twitter-Logo darstellt und das „X“ das Rebranding der Plattform und Änderungen im Regelwerk von X symbolisiert.

Zwei Jahre nach der Übernahme: Vier zentrale Änderungen im Regelwerk von X unter Musk

Der Artikel beschreibt vier zentrale Änderungen im Regelwerk der Plattform X seit Musks Übernahme 2022 und deren Einfluss auf die Moderation von Inhalten.

Das Bild zeigt einen Traktor von oben, der ein Feld bestellt. Eine Seite des Feldes ist grün bewachsen, die andere trocken und erdig. Das soll zeigen, dass nachhaltige KI zwar im Kampf gegen den Klimawandel nützlich sein, selbst aber auch hohe Kosten für die Umwelt verursacht.

Zwischen Vision und Realität: Diskurse über nachhaltige KI in Deutschland

Der Artikel untersucht die Rolle von KI im Klimawandel. In Deutschland wächst die Besorgnis über ihre ökologischen Auswirkungen. Kann KI wirklich helfen?