Digitalisierung in Staat, Politik und Verwaltung
Author: | Pohle, J., & Hügel, S. (Eds.) |
Published in: | FIfF-Kommunikation, 39(3) |
Year: | 2022 |
Type: | Edited works and special issues |
Seit mehr als sechzig Jahren folgt in der (bundes-)deutschen Politik und Verwaltung eine Welle der Computerisierung, Informatisierung und Digitalisierung auf die andere. Die Corona-Pandemie und der Umgang damit haben gezeigt, wie vieles dabei noch im Argen liegt – trotz aller Erfolgsmeldungen aus der Vergangenheit. Zugleich waren sie aber auch Auslöser einer neuen Digitalisierungswelle. Wird jetzt endlich alles gut? Oder ist auch 4.0 nur einfach mehr vom Alten?Es gibt jedenfalls Dinge, die in all den Jahren und Jahrzehnten ziemlich stabil geblieben sind. Dazu gehören etwa die zentralen Leitbilder, an denen die IT-getriebene Staats- und Verwaltungsmodernisierung ausgerichtet wird. An erster Stelle sind hier Effizienz und Effektivität zu nennen. Mit dem Effizienzversprechen einher gehen immer auch die Versprechen der Verschlankung und Entbürokratisierung der Verwaltung, und als Maßstab für deren Organisations-, Arbeits- und Entscheidungsstrukturen werden die der Privatwirtschaft angelegt. Agilität ist dabei nur die letzte Wundermedizin, an der die immer schon als angestaubt abgestempelte Verwaltung genesen soll. Und auch die Effektivität von Regierung und Verwaltung soll mit jeder Digitalisierungswelle immer noch weiter gesteigert werden, wofür es auch immer mehr Technik, mehr Daten und mehr integrierte Informationsverarbeitung brauchen soll.Auch im Hinblick auf Umsetzung der Modernisierungs- und Digitalisierungsprojekte und ihrer Auswirkungen lassen sich Kontinuitäten beobachten. So wird von politisch Verantwortlichen ebenso wie von IT-Herstellern und -Dienstleistern häufig viel mehr versprochen, als am Ende geliefert wird. Nur die Kosten sind oft höher als geplant, die Projekte dauern länger, und nicht selten scheitern sie ganz – auch durchaus nach der Überziehung von Budget und Zeitplan. Vor allem größere öffentliche IT-Projekte erwecken häufig den Eindruck, als bestehe das eigentliche Ziel in verdeckter Industrieförderung. Vor dem Hintergrund wundert es nicht, dass die Mitarbeiter:innen in den Verwaltungen den bei neuen Projekten gemachten Versprechungen von Effektivität, Effizienz oder Agilität oft mehr als skeptisch gegenüberstehen und selbst notwendige Veränderungen in den Strukturen und Arbeitsabläufen abzublocken oder zu unterlaufen suchen. Auch für die Bürger:innen bringen die Projekte allen Versprechungen zum Trotz selten einen echten Gewinn. Allzu häufig werden schlicht vormals von der Verwaltung selbst ausgeführte Tätigkeiten auf die Bürger:innen abgewälzt, die sich dann auch noch mit schlecht benutzbaren Oberflächen, unverständlichen Online-Formularen oder sogar beschränkten Online-Betriebszeiten von Verwaltungsangeboten herumschlagen müssen.Im Schwerpunkt Digitalisierung in Staat, Politik & Verwaltung dieser Ausgabe der FIfF-Kommunikation werfen wir einen Blick auf das breite Feld staatlicher Informationssysteme. Auch wenn die Beiträge dabei vor allem die Situation in Deutschland im Blick haben, ist doch vieles auch auf andere Länder übertragbar.
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Jörg Pohle, Dr.
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