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Die ersten 100 Kunden: Taktiken zur Kundenakquise
Marketing, Vertrieb und Kundenakquise sind laut dem aktuellen Deutschen und European Startup Monitor einmal mehr die größte Herausforderung für Startups. Erst mit Abstand folgen weitere Themen wie z. B. Fundraising oder Produktentwicklung. Daher ist es für mich sehr spannend der Frage nachzugehen, wie es Startups am besten gelingen kann, ihre ersten 10, 100, 1.000 zahlenden Kunden zu gewinnen und welche Strategien, Taktiken und Kanäle sich am ehesten dafür eignen. Das Wachstum der anfänglichen Kundenbasis ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt der frühen Einbeziehung von Kunden in die Produktentwicklung wichtig, sondern ebenso um erste Umsätze zu generieren und sich dadurch in eine bessere Verhandlungsposition gegenüber potenziellen Investoren zu bringen.
Es steht außer Frage, dass es signifikante Unterschiede zwischen B2C- oder B2B- oder Hardware- und Software-Startups gibt. Für eine Mobile App mit einer scheinbar unendlich großen Anzahl an potenziellen Privatnutzern gelten andere Regeln und Prinzipien als für eine Enterprise-Software, die sich an eine sehr kleine und spezielle Gruppe von Unternehmen und Ansprechpartnern richtet. Dennoch glaube ich fest daran, dass es für jedes Startup in Anbetracht der individuellen Situation eine ideale Marketing- und Vertriebsstrategie gibt, welche die maximalen Chancen auf Erfolg bietet. Doch wie findet man diese eine perfekte Vorgehensweise mit den passenden Strategien, Kanälen und Taktiken, die dazu führen wird, das erste Set an zahlenden Kunden auf eine sehr effiziente Art und Weise zu gewinnen? Die Antwort hängt meiner Meinung nach von verschiedenen, wichtigen Faktoren ab, die ein Startup anfänglich in Betracht ziehen sollte. Drei davon möchte ich in diesem Beitrag exemplarisch diskutieren: Kunden, Wettbewerber und Ressourcen.
Den Kunden und die Customer Journey ins Zentrum der Überlegungen rücken
Mit Kunden meine ich die alles entscheidende Frage, wer die eigentlichen Zielkunden (Ideal-Kundenprofil) sind oder welche konkreten Hypothesen zu ihnen vorliegen.
- Wo halten sich die Kunden für gewöhnlich in der Online- und Offlinewelt auf?
- Wie werden sie auf das Produkt aufmerksam und wie lässt sich ihr Interesse wecken?
- Gibt es bereits eine bestehende Nachfrage oder muss man den Bedarf aktiv wecken?
- Wie informieren sich Kunden und wie kaufen sie für gewöhnlich vergleichbare Produkte?
- Kurz: Wie funktioniert die Customer Journey?
Alle diese Fragen geben konkrete Hinweise darauf, welche Kanäle am ehesten in Frage kommen und aller Voraussicht nach funktionieren könnten. Gedanken sollte sich jedes Startup auch unbedingt darüber machen, wo man die “bereits interessierten” Kunden am einfachsten finden kann. So ist es für einen Online-Anbieter von Möbeln und Einrichtungsgegenständen sicherlich einfacher an Kunden zu verkaufen, die beispielsweise kürzlich in eine neue Wohnung gezogen sind. Daher ist jedem Startup nur zu empfehlen individuell herauszufinden, auf welchen Internetseiten oder an welchen “analogen” Orten sich die kaufbereite Zielgruppe aufhält. Im Falle des genannten Beispiels könnten dies Portale zur Wohnungssuche im Internet sein oder aber Filialen, an denen man LKW-Transporter für Wohnungsumzüge ausleihen kann. Diese Gedanken lassen sich – generell – auf die verschiedensten Startup-Branchen übertragen.
Bestimmte Kanäle können bereits von Wettbewerbern belegt oder aber teuer sein
Auch Wettbewerber können wichtige Anhaltspunkte zur Orientierung bieten, weswegen man in diesem Zusammenhang über die folgenden Fragen nachdenken sollte.
- Welche Strategien, Kanäle oder Taktiken zur Kundenakquise nutzen Anbieter von vergleichbaren Produkte bevorzugt?
- Welche Marketing-Kanäle werden von ihnen mit hoher Aufmerksamkeit, Intensität und Qualität bearbeitet?
- Wo liegen eventuelle Schwachpunkte und Lücken?
Sofern verschiedene Wettbewerber oder bereits etablierte Unternehmen beispielsweise verstärkt auf Suchmaschinen-Marketing setzen, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass man dies als Startup ebenfalls tun sollte. Im Gegenteil, unter Umständen sind die passenden Suchwörter entsprechend teuer und sofern die finanziellen Möglichkeiten nur begrenzt sind, müssen hier andere Alternativen gefunden werden. Oftmals existieren bestimmte Lücken, die sich Startups kreativ zunutze machen können.
Die eigenen Ressourcen berücksichtigen und wissen was man (nicht) kann
Auch die verfügbaren Ressourcen sollten für die Auswahl der Marketing- und Vertriebskanäle als wichtiger Faktor in Betracht gezogen werden. Neben den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln sind insbesondere auch die Kompetenzen und Fähigkeiten des Teams für den Erfolg entscheidend. Fragen, die es zu prüfen gilt, sind:
- Wer im Team besitzt bereits relevante Erfahrungen und Kenntnisse im Hinblick auf bestimmte Strategien, Kanäle oder Taktiken?
- Welche der vielversprechenenden Marketing-Kanäle sind komplex und erfordern möglicherweise viel Zeit, Aufmerksamkeit und Ressourcen? Welche sind eher kurzlebig, welche sind eher langlebig? Wie groß ist die Reichweite? Wo lassen sich ggf. schnelle Erfolge erzielen?
- Gibt es unter Umständen jemand im Team der großes Interesse hat, sich in bestimmte Kanäle oder Taktiken einzuarbeiten und sich fehlendes Wissen anzueignen?
Sofern innerhalb eines Startup-Teams zum Beispiel keine Erfahrungswerte oder Kenntnisse im Bereich Direktvertrieb vorliegen (und dieser Kanal als erfolgversprechend gilt), wird es sehr wahrscheinlich eine herausfordernde Aufgabe werden, hier messbare Erfolge zu erzielen. Die richtige Art und Weise zu finden, um Kunden als Beispiel “kalt” anzurufen oder anzuschreiben und sie im Laufe der Zeit durch verschiedenen Vertriebsphasen zum Kauf zu führen, ist somit unweit schwieriger. Sofern als weiteres Beispiel das nötige Wissen und Talent fehlt, interessante Artikel für die definierten Zielkunden zu schreiben, scheiden regelmäßige Blogartikel oder Gastbeiträge auf zielgruppenaffinen Nachrichtenportalen ebenfalls aus. Weiterhin gibt es je nach Kanal Unterschiede im Hinblick auf Komplexität, Reichweite, Nachhaltigkeit oder auch Wirkungsgeschwindigkeit. Während Google Adwords vergleichsweise schnell viel Traffic erzeugen können, ist dies bei Content-Marketing in der Regel eher nicht der Fall. Dennoch kann sich gutes Content-Marketing im Laufe der Zeit als ein sehr nachhaltiger und leistungsstarker Marketingkanal erweisen, der allerdings entsprechend mehr Zeit, Aufwand und Ressourcen erfordert.
Durch eine ausgeprägte Lernbereitschaft kann man sich fehlendes Wissen heutzutage schnell aneignen
Sofern es sich aller Voraussicht nach um erfolgversprechende Kanäle handelt, wäre meine definitive Empfehlung alles dafür zu tun, sich das fehlende Wissen als verantwortliche Gründerperson bzw. als verantwortlicher Mitarbeiter eines Startups selbstständig anzueignen. Durch eine große Auswahl an relevanten Fachbüchern, Blog- und Nachrichtenartikeln sowie durch YouTube-Videos oder relevante Veranstaltungen ist es heutzutage einfacher als jemals zuvor, sich fehlende Kenntnisse in kürzester Zeit selbst beizubringen. Als ein sehr entscheidendes Erfolgsattribut für jeden Gründer und jedes Startup kommt hier Lernbereitschaft ins Spiel.
Auf dem Startup Camp habe ich kürzlich einen Vortrag zum Thema “How to land your first customers” gehalten, dessen Folien unter folgendem Link zu finden sind.
Dieser Beitrag ist Teil der regelmäßig erscheinenden Blogartikel der Doktoranden des Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Er spiegelt weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wieder. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de.
Dieser Beitrag spiegelt die Meinung der Autorinnen und Autoren und weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wider. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de
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