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Startups
27 Juni 2017

Getting serious? Wohin entwickelt sich die Gründerszene an Elbe und Spree?

Um Deutschland – sowie Berlin und Hamburg im Speziellen – als Standort für Startups weiterzuentwickeln, brauchen wir hochwertige Daten und Informationen darüber, wo die Startup-Ökosysteme im internationalen Vergleich stehen und wie sie sich im Zeitverlauf entwickeln. In unserem Report vergleichen wir aktuelle Studien, diskutieren mögliche Datenquellen und geben praktische Empfehlung für eine bessere Evaluierung deutscher Startup-Ökosysteme.

Mit Ausnahme von Berlin werden deutsche Städte international bislang kaum als Startup-Standorte wahrgenommen. In einer explorativen Studie des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft (HIIG) in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Berlin (Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie), der Hamburger Standortinitiativen nextMedia.Hamburg und Next Media Accelerator sowie der ZEIT Verlagsgruppe beschäftigen wir uns mit der Frage, ob stärkere Kooperationen zwischen den Städten deren Attraktivität als Startup-Ökosysteme im internationalen Vergleich steigern können. Als Beispiel betrachten wir dabei einen Verbund von Berlin und Hamburg im Vergleich mit den Startup-Ökosystemen Silicon Valley, London und Tel Aviv.

Wir betrachten zunächst nationale und internationale Vorgängerstudien zum Thema Startup-Ökosysteme. Dabei fällt auf, dass diese Studien mit sehr unterschiedlichen Definitionen und teilweise fragwürdigen Datengrundlagen arbeiten und dass sich die Studien kaum vergleichen lassen. So ergibt sich auch kein konsistentes Bild darüber, wie deutsche Startup-Ökosysteme im internationalen Vergleich zu bewerten sind. Darauf aufbauend entwickeln wir ein System von Entitäten und Indikatoren, welches als Grundlage für die Evaluation von Startup-Ökosystemen genutzt werden kann.

Als Bezugsgrundlage für unsere Analysen konzentrieren wir uns auf die Daten der Community-betriebenen Plattform Crunchbase – eine internationale Startup Datenbank . Unser ursprüngliches Ziel, diese Daten mit administrativen Datenquellen zu verknüpfen, um eine wissenschaftlich tragbare Datengrundlage zu erhalten, konnten wir jedoch nicht erreichen, da sich die administrativen Daten des Handelsregisters und des Förderprogramms EXIST bisher der wissenschaftlichen Forschung entziehen. Dadurch ergibt sich die Frage, auf welcher Basis überhaupt politische Entscheidungen für Startup-Ökosysteme getroffen werden, wenn solch zentrale Datenbanken nicht in die Analyse einbezogen werden können.

Deutschland wird die Erfolgsmodelle anderer Länder nicht einfach kopieren können. Es stehen weder die finanziellen Mittel zur Verfügung, wie sie die Tradition des Venture Capital im Silicon Valley generiert, noch hat Deutschland eine vergleichbare Verbindung von Militär und Gründungsgeschehen wie es in Israel der Fall ist. Dafür hat Deutschland aber auch eigene Stärken. Beispielsweise erfährt das Konzept des deutschen Mittelstandes selbst im Silicon Valley zunehmende Anerkennung, wobei insbesondere die deutschen Hidden Champions von internationaler Bedeutung sind. Es steht aber gerade der deutsche Mittelstand vor der großen Herausforderung die digitale Transformation zu meistern, was den Bedarf nach einem eigenen Erfolgskonzept weiter verdeutlicht.

Basierend auf der vergleichenden Darstellung bisheriger Studien, unserem erweiterten System zur Entwicklung und Messung von Indikatoren, unseren Erwägungen zum Aufbau einer stabile Datenbasis und der Betrachtung der Crunchbase-Daten möchten wir abschließend vier Empfehlungen formulieren:

Internationale Darstellung deutscher Startups

Wir sollten uns um eine bessere Darstellung deutscher Startups im internationalen Kontext bemühen, was ganz praktisch mit der Eintragung in entsprechende Online-Datenbanken wie Crunchbase oder Angellist beginnen kann. Für Ökosysteme wie Berlin und Hamburg bedeutet dies, dass sie ihre Startups dabei unterstützen, sich auch über die lokalen Netzwerke hinaus zu präsentieren. Dies hilft sowohl den Startups als Marketingmaßnahme, beispielsweise um Investoren zu finden, als auch den Ökosystemen, um sichtbarer für alle wichtigen Akteure (wie Gründer, Investoren oder auch Mitarbeiter) zu werden.

Wissenschaftlicher Zugang zu relevanten Datenquellen

Wir sehen erheblichen Handlungsbedarf, was die Bereitstellung von Daten für wissenschaftliche Analysen betrifft. Eine besondere Schwierigkeit in unserem Projekt war die Beschaffung repräsentativer Daten über die deutschen Ökosysteme, wobei viele der notwendigen Daten in offiziellen Registern verfügbar wären, aber nicht in angemessener Form für die wissenschaftliche Nachnutzung zur Verfügung stehen. Im Besonderen möchten wir daher empfehlen, dass Daten aus dem Handelsregister und öffentlichen Förderprogrammen wie EXIST für die wissenschaftliche Nachnutzung leichter zugänglich gemacht werden. Es stellt sich ganz praktisch die Frage, auf welcher Grundlage überhaupt politische Entscheidung zur Förderung des Gründerstandorts Deutschland getroffen werden können, wenn die wichtigsten Datenquellen nicht wissenschaftlich ausgewertet werden und entsprechend keine darauf aufbauenden Empfehlungen ausgesprochen werden können.

Aufbau eines nachhaltigen Benchmarks

Wir empfehlen den Aufbau eines nachhaltigen, mindestens fünfjährigen Benchmarks, um deutsche Startup-Ökosysteme sowohl in ihrer zeitlichen Entwicklung als auch international vergleichend besser in ihrer Entwicklung einschätzen zu können. In unserer explorativen Studie haben wir uns auf das Ökosystem Berlin und Hamburg konzentriert und dieses mit dem Silicon Valley, London und Tel Aviv verglichen. Allein aus diesem kleinen Szenario – ohne weitere zeitliche Analysen – wurde deutlich, wie viel wir aus solchen Vergleichen für die Weiterentwicklung der deutschen Ökosysteme lernen könnten. Die Etablierung eines entsprechenden Benchmarks würde dabei nicht nur den einmaligen internationalen Vergleich ermöglichen, sondern bei entsprechendem längsschnittlichen Design auch den Vergleich über die Zeit und damit eine angemessene Evaluation von politischen und sonstigen Interventionen möglich machen.

Eigenständiges deutsches Erfolgsmodell

Deutschland bedarf eines eigenen Erfolgsmodells für die weitere Entwicklung als Gründungsstandort, welches wir nicht einfach aus anderen Ökosystemen kopieren können. Auf der Basis eines entsprechenden Benchmarks wäre es auch möglich, ein Erfolgskonzept für die Weiterentwicklung des deutschen Mittelstandes in Zeiten zunehmender Digitalisierung zu erarbeiten. Dieses Konzept ist dringend notwendig, weil Deutschland nicht durch Kopie eines anderen Ökosystems, sondern nur mit einem eigenen Konzept als Gründungsstandort internationale eine führende Position einnehmen kann.

Dieser Beitrag spiegelt die Meinung der AutorInnen und weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wider. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de.

Dieser Beitrag spiegelt die Meinung der Autorinnen und Autoren und weder notwendigerweise noch ausschließlich die Meinung des Institutes wider. Für mehr Informationen zu den Inhalten dieser Beiträge und den assoziierten Forschungsprojekten kontaktieren Sie bitte info@hiig.de

Marcel Hebing, Prof. Dr.

Assoziierter Forscher: Wissen & Gesellschaft

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