Data Governance 2: Ausgleich widerstreitender Interessen an Daten
Die gemeinsame Nutzung und Wiederverwendung digitaler Daten kann Innovationen fördern und den wirtschaftlichen und sozialen Wohlstand erhöhen. Wirtschaftliche und rechtliche Hindernisse sowie strategische Unsicherheiten scheinen Organisationen jedoch oft daran zu hindern, die von ihnen kontrollierten Daten gemeinsam zu nutzen. Nach der in der Projekt-Reihe “Data Governance” vertretenen Multi Stakeholder-Perspektive zielt erfolgreiche Data Governance darauf ab, die widerstreitenden Interessen an Daten so in einen Ausgleich zu bringen, dass sie die Wertschöpfung mit Daten maximiert und die mit ihr verbundenen Risiken minimiert.
Ein analytischer Forschungsrahmen für Wissenschaft und Praxis
Aufbauend auf dem ersten Data Governance-Projekt („Definition einer gemeinsamen Forschungsgrundlage“) widmet sich das zweite Data Governance-Projekt der Ausarbeitung eines analytischen Forschungsrahmens, mit dessen Hilfe Data Governance-Strukturen in verschiedenen Kontexten einheitlich beschrieben und in Bezug auf ihre Erfolgsfaktoren verglichen werden können. Der Forschungsrahmen baut auf einer erweiterten Literaturrecherche vor allem in den Bereichen Wirtschaftsinformatik und Informationswissenschaften sowie einem umfangreichen Austausch mit Wissenschaftler*innen aus den jeweiligen Disziplinen sowie Expert*innen aus einzelnen Praxiskontexten auf (insb. aus dem Finanz- und Mobilitätsbereich). Der Forschungsrahmen soll 1) ein gemeinsames Verständnis für die Herausforderungen erfolgreicher Data Governance sowie 2) eine gemeinsame Terminologie für die Beschreibung dieser Herausforderungen und von Lösungsansätzen und damit 3) eine Schnittstelle für die unterschiedlichen Perspektiven, Ansätze und Methoden der beteiligten Disziplinen bilden. In Theorie und Praxis soll der Forschungsrahmen die Verortung der jeweiligen Akteure im Rahmen ihrer interdisziplinären Zusammenarbeit ermöglichen bzw. unterstützen.
Fig. 1: Data Governance Framework: Mögliche Rollenn
Erste Forschungsergebnisse
Mithilfe des Frameworks lassen sich nicht nur der koordinatorische Aufwand für die Lösung von Interessenkonflikten an Daten im Detail beschreiben, sondern auch verschiedene Zielkonflikte darstellen und erklären.
Ein erster Zielkonflikt lässt sich vor allem beim Teilen von Daten beschreiben. Danach scheitert das Teilen von Daten oft an einem Wert-Risiko-Dilemma. Dann sieht der Datenhalter im Datenteilen einen konkreten Kontrollverlust bzw. ein konkretes Compliance-Risiko, während der Datennutzer dem Datenhalter noch kein konkretes Wertversprechen anbieten kann. Denn meist bildet sich erst im Laufe des Innovationsprozesses des Datennutzers ein konkreter Nutzwert der Daten heraus, an dem er den Datenhalter beteiligen könnte. Aus den Verhaltenswissenschaften wissen wir, dass wir selten ein konkretes Risiko gegen ein abstraktes Wertversprechen eintauschen – ebenso wenig tut dies ein Datenhalter. Data-Governance-Strukturen müssen diese Dynamiken bezüglich Wertschöpfung und Risikokontrolle widerspiegeln, indem sie das beschriebene Dilemma aus Sicht der Beteiligten lohnend auflösen.
Ein zweiter Zielkonflikt resultiert aus dem Grad der Zentralisierung bzw. Standardisierung der jeweiligen Data Governance-Strukturen, der einerseits zu hohen Skalierungseffekten und andererseits zu einem Kontrollverlust der jeweils Beteiligten führt. Dieser Zielkonflikt lässt sich grob vereinfacht mit folgender Grafik beschreiben.
Fig. 2: Data Governance-Ebenen: Dezentralisierte vs. zentralisierte Strukturen
Laufzeit: 2020-2022
Förderung: HIIG
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Maximilian von Grafenstein, Prof. Dr.Assoziierter Forscher, Co-Forschungsprogrammleiter
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Alina WernickEhem. Assoziierte Forscherin: Daten, Akteure, Infrastrukturen
Andere Publikationen
Rupp, V., Heumüller, J., & von Grafenstein, M. (2022). Effiziente Datenminimierung im Gebäude- und Quartierssektor, Rupp, V., Heumüller, J., & von Grafenstein, M. (2022). Effiziente Datenminimierung im Gebäude- und Quartierssektor. Retrieved from https://zenodo.org/record/6854465#.YuJPHi-22Rt. Weitere Informationen
Grafenstein, M. v. (2022). Wie lassen sich Datenteilen und Datenschutz vereinbaren? FAZ. Weitere Informationen
Vorträge
Data Governance – Utilizar los datos con éxito, minimizar los riesgos y equilibrar los interesesDeutsche Welle Akademie Ecuador. Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin, Germany: 10.11.2022
Jörg Pohle
Data Laws & Data GovernanceData Commons & the Law. Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin, online: 27.10.2022
Max von Grafenstein
Organisation von Veranstaltungen
Beteiligungs-Workshop zum Pilotprojekt „Data Governance & datengetriebene Verwaltung“18.02.2022. Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin, Germany (National)